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Katja Schönenberger, Direktorin von Pro Juventute, als #womanofaction über die Generation Z, Corona und das Universum.

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Liebe Katja, ich freue mich extrem, dass es mit dem Interview geklappt hat. Nachdem wir uns zuletzt vor rund 30 Jahren auf dem Schul-Pausenplatz in Uzwil gesehen haben, tauschen wir uns nun hier im Interview aus. Und du bist Direktorin von Pro Juventute. Wow!

Du bist sogar schon seit vielen Jahren Direktorin bei Pro Juventute. Wie dürfen wir uns deinen Arbeitsalltag vorstellen?

DEN Arbeitsalltag gibt es bei mir eigentlich nicht. Im Moment findet auch sehr viel digital statt. Was immer gleich ist, ich habe mit sehr vielen Menschen zu tun: Ich habe mit Mitarbeitenden zu tun, ich habe Kontakt zu anderen Organisationen, die sich auch um Jugendliche kümmern, ich bin im Austausch mit Kooperationspartnern, mit Spender:innen – immer mit einem Ziel, unsere Mission erfüllen zu können: nämlich, dass wir als Pro Juventute immer da sind, wenn uns Kinder und Jugendliche brauchen.

Das ist sehr sinnstiftend, oder? Und macht sehr viel Sinn.

Definitiv. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind sehr motiviert und identifizieren sich stark mit der Arbeit und dem Ziel, für Kinder und Jugendliche da zu sein. Pro Juventute ist in dieser Corona-Zeit auch total aufgeblüht, obwohl es sehr streng war für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Beim 147 schoben sie Extraschichten, stehen seit über 40 Jahren rund um die Uhr zur Verfügung für Krisenfälle bei Kindern und Jugendlichen. Alle haben seit der Pandemie gemerkt:  Es braucht uns als Organisation, als Stimme für die Hunderte von Kindern und Jugendlichen, die sich an uns täglich wenden …

Und was gefällt dir am besten, was am wenigsten in deinem Job?

Was ich gerne mache, ist neue Wege gehen, Neues gestalten – in Zusammenarbeit mit anderen. Experimentieren. Und am liebsten mag ich Tempo. Und manchmal fallen wir auch um, scheitern, und stehen dann halt wieder auf und haben bestenfalls etwas daraus gelernt.

Und das Gegenteil, was ich üüüüberhaupt nicht gerne mache, ist alles, was Routine ist, was mit Details zu tun hat – da könnten meine Kolleginnen und Kollegen wohl auch ein Liedlein von mir singen. Also von beidem natürlich : Vom Tempo und von den Details.

Die Jugend kämpft aktuell mit den Konsequenzen von Corona. Was rätst du Jugendlichen im Umgang mit der VUCA-Welt?(Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity).

Vielleicht kann ich zuerst auf die Corona-Zeit eingehen. In dieser Zeit sind die Bedürfnisse der Jugendlichen zu wenig gehört worden. Man hat Massnahmen beschlossen, vor allem die sozialen Einschränkungen, die gerade Kinder und Jugendlich massiv betroffen haben.

Wir haben ja täglich 700 Kontakte mit Kindern und Jugendlichen, über die Notrufnummer 147 und auch über unsere Website 147.ch – was wir dort hören: grosse Zunahme von Einsamkeit, Angst keine neuen Freunde mehr zu gewinnen, Angst Freunde zu verlieren, Isolation. Das hat sich dann akzentuiert, je länger es gedauert hat (oder eben dauert). Heute sehen wir, dass Kinder und Jugendliche vor allem eine Lösung brauchen, wenn es um psychische Probleme geht. Denn die Probleme haben stark zugenommen. Eine Lösung brauchen die Jugendlichen auch, wenn es um Konflikte in der Familie geht, Stichwort Gewalt. Und drittens Unterstützung beim beruflichen Einstieg.

Was können wir als Gesellschaft tun, damit junge Menschen eine Perspektive haben?

Zuhören und hinschauen. Und wirklich auf diese Bedürfnisse eingehen. Sie einbeziehen in Entscheide. Nicht über sie bestimmen. Wir setzen uns dafür ein, dass  eine Post-Corona-Strategie ausgearbeitet wird, welche sämtliche Generationen berücksichtigt. Oberstes Ziel muss jetzt sein, dass aus der «Generation Corona»  nicht eine «Generation Lost» wird.

«Generation Lost» klingt hart. Wie müssen denn Arbeitgeber mit der GenZ umgehen?

Ich glaube, wir müssen auch hier wahrnehmen, dass das eine andere Generation ist, die anders tickt.

Wie tickt sie denn?

Das weisst du mit deinem GenZ-Report ja besser als ich, oder? (lacht) Was ich zum Beispiel sehe als Direktorin von Pro Juventute: Es ist eine Generation, die Partizipation ganz anders versteht als wir noch. Uns konnte man noch sagen, und wir sind auch so aufgewachsen, was gemacht wird. Da hat jemand entschieden und so war es. Meine Eltern haben mich nie gefragt, was ich am Sonntag machen will. Sondern es war einfach klar, was das Programm ist. Es war wie keine Frage, ob man partizipieren darf oder nicht.

Aber genau diesen Anspruch haben Jugendliche heute. Und das verändert den Arbeitsalltag massiv.  Eine Vorgesetzte kann nicht mehr kommen und sagen, ich bin hier diejenige, die die Entscheidungen trifft, und alle haben es dann zu machen. Sondern, da braucht es echt andere Arbeitsformen, sonst wird es nicht funktionieren.

Ja, eben, es ist sehr anspruchsvoll. Und wenn wir jetzt noch die Fragen umdrehen: Wie muss die GenZ mit Arbeitgebern umgehen?

Auch das hat uns die Corona-Situation gelernt. Dass es immer Gegenseitigkeit braucht. Die Jugendlichen waren sehr solidarisch mit der älteren Generation. Aber es braucht auch Solidarität von der älteren Generation, damit es funktioniert.

Und im Arbeitsalltag sehe ich das exakt gleich. Es braucht diese Gegenseitigkeit. Ein gegenseitiges Verständnis, dass man unterschiedlich ticken mag, dass aber genau dies auch verbindend und nicht trennend sein muss. Die Vielfalt in einer Organisation, einem Unternehmen ist eine grosse Stärke – sei es in Bezug auf Alter, Geschlecht oder Herkunft.

Was können wir von der GenZ lernen?

Was können wir von der Generation Z lernen? Ich finde es wirklich bemerkenswert, wie die diese Generation mit der Pandemie umgegangen ist. So schwierig wie es ist zum Teil ist, so viel haben sie auch gelernt.

Sie haben extrem flexibel darauf reagiert. Sie haben sich schnell neue Kompetenzen angeeignet. Sie sind unglaublich digital affin. Lernen schnell. Und die Einschränkungen an sich – zum Beispiel di eMaske – war wie für viele irgendwie gar kein Thema. Diese Akzeptanz der Realität hat mich beeindruckt .

Da können andere Generation sehr viel davon lernen.

Corona hat es forciert und unser GenZ-Report hat es bewiesen: einige Jugendliche sind sehr extensiv auf digitalen Kanälen unterwegs. TikTok, Instagram, Snapchat und Fortnite lassen grüssen. Jetzt sagt man ja immer, man müsse als Eltern und Bezugsperson diese Kanäle selber nutzen, damit man diese versteht. Ich müsste mit meinen Jungs also auch zusammen Fortnite spielen. Bist du auf allen diesen Tools selber auch unterwegs?

Machst du das etwa nicht ..?

Brrrr … ich schaue ihnen oft über die Schultern. Aber nein, ich schaffe es nicht. Zu meiner eigenen Verteidigung, ich war auch früher kein Gamer und kein Spieler, habe auch absolut kein Talent – bei Pac-Man bin ich immer sofort rausgeflogen … Aber auf TikTok und Snapchat bin ich aktiv. Kommuniziere auch aktiv über Snapchat mit den Kids. Auf welchen bist denn du selber unterwegs?

Also ich habe keine eigenen Kinder aber zwei Bonus-Kinder. Wegen ihnen habe ich mich auch mit einigen Sachen beschäftigt, mit denen ich mich sonst wohl nicht so früh auseinandergesetzt hätte. Ich bin schon seit langem auf Instagram. Auch auf Snapchat bin ich gegangen, weil die Kids so fasziniert waren davon und ich besser verstehen wollte, was eben diese Faszination ausmacht.

Das ist wirklich das, was für Eltern super wichtig ist. Also diese Welten kennen lernen, um überhaupt darüber reden zu können.

Aber das ist auch relativ anstrengend, oder?

Ja, definitiv, denn sobald wir «Alten» drauf sind, sind die «Jungen» weg (lacht). Dann ist einmal diese Plattform aktuell, morgen ist es wieder eine andere. Und da Schritt zu halten, ist schon eine Herausforderung. Oder um eine berühmte Tik-Tok-Vorlage mit Kim Kardashian zu zitieren: It is a full time job!

Du hast gesagt, du bist auch auf Instagram aktiv. Auf was achtest du besonders? Wie wichtig ist dir deine eigene Online-Reputation als Person, die sich öffentlich exponiert und im öffentlichen Interesse steht? Gibt es da für dich gewisse Regeln, Leitsätze?

Für mich macht es gar keinen Unterschied, ob offline oder online. Es sind immer die gleichen Werte, die für mich wichtig sind.

Dazu gehört zum einen, dass ich authentisch bin, dass ich nicht versuche, jemand anderes zu sein. Und zum anderen, bei aller Authentizität trotzdem achtsam bleibe. Also die Würde von anderen respektiere und auch auf die Bedürfnisse von anderen eingehen kann.

Und gab es schon einmal ein Thema, ein Issue?

Das gibt es natürlich immer, wenn man authentisch ist. Aber das kann auch passieren, wenn man nicht authentisch ist. Ich finde es dann aber besser, wenn ich Reaktionen erhalte, weil ich authentisch war. Man kann es nie allen Recht machen.

Finde ich gut. Anderes Thema: Der neuste Coup von Pro Juventute ist ja eure App «wup», die Kinder und Eltern bei einem sichereren Umgang mit Social Media unterstützt. Jetzt kannst du noch etwas Werbung machen für die App 😉 Kannst du kurz erläutern, was die App kann und wie diese bei den Kids und Eltern ankommt? Und kommt die aus deiner eigenen Küche? Und wie läuft die bis jetzt?

Also diese Lorbeeren kann ich nicht für mich in Anspruch nehmen. Aber ich habe die Idee für wup von Anfang an unterstützt. Denn wir machen seit 10 Jahren Medienkompetenz-Schulungen. Aber ich habe immer gesagt, das ist «Lernen auf Halde». Eigentlich müsste man eine Ad hoc-Begleitung für Kinder haben, die zum ersten Mal mit dem Handy umgehen. Und genau das macht die App wup.

wup begleitet die Kinder bei der anfänglichen Smartphone-Nutzung und sagt ihnen bei gewissen Sachen, dass das vielleicht nicht ganz so schlau ist. Zum Beispiel, wenn sie Fotos verschicken möchten, auf denen viel nackte Haut drauf ist, oder persönliche Daten weitergeben. Dann meldet sich die App, weil die App über eine andere Tastatur gesteuert wird und das so merkt und dann sagt: «Ah, bist du sicher, ob das schlau ist, was du hier machst?»

Aber wup kontrolliert nicht, verbietet nichts, sondern steht quasi neben dem Kind und sagt, das ist jetzt vielleicht nicht so clever, aber du entscheidest. Sie gibt auch keine Informationen an Eltern weiter. Eltern bleiben weiterhin in der Pflicht, im Gespräch zu bleiben mit den Kindern. Die Eltern haben auch ihren Teil in der App, aber keine konkreten Informationen, sondern Hinweise zu Themen, über die sie mit dem Kind aktuell sprechen sollten. Sie müssen in dieser Medienerziehung ebenfalls und auch weiterhin einen aktiven Part spielen.

Interessant. Und wie sind jetzt die Nutzungszahlen, kannst du dazu etwas sagen?

Die Nutzungszahlen sind noch etwas verhalten. Zum Start hatten wir gute Download-Zahlen, aber jetzt braucht es eine Weiterentwicklung der App. Es braucht weitere Funktionen und weitere Promo für die App, damit sie bekannter wird, das ist definitiv so.

Die Rückmeldungen von Kindern und Eltern sind aber durchaus positiv.

Bei so viel Online-Zeit, machst du selber zwischendurch Digital Detox?

Im beruflichen Alltag ist das Handy nicht wegzudenken. Aber am Wochenende versuche ich Zeiten zu haben, wo ich das Handy gar nicht dabei habe.

Das finde ich offen gestanden eine rechte Herausforderung. Weil man dann so Vieles nicht dabei hat. Die Kamera zum Beispiel. Du hast das Navi nicht dabei. Du hast dein SBB Ticket nicht dabei. Du hast Twint nicht dabei – mittlerweile bezahlt man schon in vielen Bergrestaurants per Twint.

Darum verstehe ich auch, warum das für Jugendlich so schwierig ist. Es ist so viel. Und auch so viel Positives auf dem Handy.

Viele Arbeitnehmende legen am Arbeitsplatz ja auch immer häufiger ihr Handy zwischen Tastatur und Bildschirm. Und sind so immer so in einer Parallelwelt. Was müssen Arbeitgeber machen, damit die Mitarbeitenden mehr Deep Work machen können?

Die Arbeitgeber können viel mit der Arbeitsumgebung machen. Damit man Plätze hat, wo man zusammenarbeitet, dass man Plätze hat, wo man nur arbeitet und sich fokussieren kann. Und manchmal kann man auch gemeinsam auch Regeln aufstellen: Dass bei Kreativ-Meetings zum Beispiel die Handys draussen bleiben, damit man sich gemeinsam dem Denken hingeben kann.

Du bist nebst deinem anspruchsvollen Job scheinbar zusätzlich eine umtriebige Weiterbildungsstudentin: Nach dem MAS in Customer Relationship Management hast du 2019 den EMBA an der Universität Zürich abgeschlossen und nun vor einigen Wochen den CAS Business Transformation Management an der HWZ. Warum ist für dich Weiterbildung so wichtig? Was lernt man da?

Ich mache Weiterbildungen, weil mich Neues begeistert.  Ich erhalte viele Impulse und neue Perspektiven. Nebst den Dozierenden finde ich auch immer die «Gschpändlis» spannend, weil man einen anderen Blick auf Themen kriegt. Und eine der wichtigsten Kompetenzen, die man heute braucht, ist auf Veränderungen reagieren zu können, da hilft einfach Weiterbildung.

Und jetzt konkret bei Business Transformation fand ich extrem cool, dass es wenig Theorie ist und man sehr viel ins Wasser geworfen wird. Es gab schon eine kurze Einführung, was Selbstorganisation bedeutet, aber man wird gleich ins Wasser geworfen und es gibt dafür dann Gruppenarbeiten zum Thema Selbstorganisation. So ist es ein ganz anderer Bezug, als wenn man einfach nur Theorie büffeln würde. Die Dozenten haben dabei eher die Rolle von Coaches eingenommen.

Zum Schluss. Auf deinem Instagram-Account gibt es einen Beitrag mit “Wünsche ans Universum”. Was wünscht du dir vom Universum?

Jetzt wird es aber sehr philosophisch (lacht). Was wünsche ich mir vom Universum?

Ich glaube, die allermeisten Probleme in unserer Welt kommen dadurch, dass sich Menschen abgrenzen. Dass sie sagen, hier bin ich und hier bist du. Oder hier sind wir als Gruppe und da seid ihr als Gruppe. Wenn wir Menschen uns als «Wir» spüren würden, dann hätten wir, so glaube ich, die allermeisten Probleme, die wir haben auf der Welt, gelöst.

Und das ist mein Wunsch ans Universum.

Eine mega Schlusswort, da gibt es nichts hinzuzufügen. Vielen lieben Dank!

Sehr gerne, vielen Dank dir!

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